Ein erster Lagebericht

2012-01-01 22:56:00 / / Kommentare 0

Lagebericht: 1. Januar 2012

Da sitzen wir also am Neujahrstag 2012 mitten in der Libyschen Wüste, nur etwa zwei Kilometer vom Lake Nasser entfernt – den wir von unserem Wüstencamp aus sehen können –unter einem herrlichen Sternenhimmel und der Sichel des halben Mondes.

 


Foto & Copyright: Dieter Kreutzkamp


 

Es ist superstill, keine Menschenseele um uns - das Kontrastprogramm zu dem Touristenauftrieb bei den Ramses-Tempeln von Abu Simbel.

Foto&Copyright: Dieter Kreutzkamp
Foto & Copyright: Dieter Kreutzkamp

Dorthin fuhren wir gestern von Assuan im Süden Ägyptens in einem von der Polizei begleiteten Konvoi; anders ist es nicht erlaubt.Wir waren die einzigen im Privatfahrzeug. Der übrige Konvoi bestand aus Bussen und Taxen, die die Kurztouristen innerhalb eines Tages insgesamt 600 km hin- und zurück bringen. Da wir mit maximal 95 km/h das >langsamste< und letzte Fahrzeug waren, bekamen wir den Polizisten, der den Konvoi begleitet, zu uns ins Auto gesetzt. Samt Sturmgewehr!

Auf dem Rückweg hatten wir mehr Glück: Wie zufällig fielen wir hinter dem Konvoi immer weiter zurück (diesesmal ohne Sicherheitsbegleitung) und konnten – klammheimlich, ganz unbeobachtet und völlig allein!! - einen großen Abstecher zu einmalig schönen und tief in der Wüste versteckten Ramses-Tempeln machen, die sonst fast niemand besucht. Und der Weg dorthin führte in eben diese wunderschöne Wüste…!

 

Soweit die aktuelle Lage.

Nun aber ein kurzer Blick zurück…

Seit Mitte November 2011 sind wir auf dem Landweg von Norddeutschland nach Namibia bzw. Südafrika. Unser 44 Jahre altes 710`er Mercedes >Rundschnauzer<-Wohnmobil namens Thunder, ein solides Allrad-/Wüstenfahrzeug, dessen Grundbaumuster noch heute in der ganzen Welt anzutreffen ist, hatte in monatelanger Arbeit ein aufwendiges technisches und optisches Facelifting erhalten; unter anderem eine Dometic-Staukasten-Klimaanlage (HB-2500), Solar (MT 280-2) von Mobile Technology auf dem Dach, Sinus Wechselrichter um aus 24 Volt 230 Volt zu generieren und einen Waeco-Dometic-Generator (Tec 29) für 2600 Watt Dauerleistung. So sind wir nahezu völlig unabhängig und können wochenlang ohne elektrische Versorgung auskommen. Vor allem bei dem Sonnenschein hier!!

Die Bordelektrik läuft super zuverlässig und effektiv.


Foto & Copyright: Dieter Kreutzkamp

Da es in vielen nordafrikanischen Ländern kriselt und auch ein Durchkommen auf dem Landweg über Syrien nicht vertretbar erschien, entschlossen wir uns kurzfristig zu einer Seereise - samt Expeditionsfahrzeug - auf einem Frachtschiff der Grimaldi-Linie von Italien nach Israel. Vom 15. November 2011 an waren wir sechs Tage (bei italienischer Vollverpflegung, Pasta vom feinsten…) unterwegs.

Dann der Hammer: Die Grenzformalitäten in Israel dauerten einen ganzen Tag . Die  Hafengebühr für unseren Lkw betrug unglaubliche 640 € !!!

Wer auf eigene Faust in einen der Krisenherde schlechthin fährt, hat sicherlich ein Grummeln in der Magengegend. Uns ging es jedenfalls so, bevor wir nach Israel kamen.

Umso größer die Überraschung: Wir haben uns dort sehr wohl gefühlt. Natürlich waren wir in Jerusalem, Bethlehem, am See Genezareth und haben zeitunglesend auf dem Toten Meer gelegen. Die Israelis waren ausnahmslos freundlich zu uns. Viele interessierten sich für unser Wohnmobil, fragten nach Alter und Preis, staunten über den großzügigen Wohnraum.

Ja, wir fühlen uns wohl im Land und auch in unserem >Thunder<

 

Weiterfahrt durch Jordanien;  natürlich (!!) auch zu der antiken Stadt Petra und durch die Bilderbuch-Wüstenlandschaft des Wadi Rum.

Es heißt, es gäbe für Allradfahrzeuge keine Erlaubnis, von Israel nach Ägypten (Sinai-Halbinsel) einzureisen. Außerdem hatten wir einen Horror davor, noch mal in die Mühlen des israelischen Zolls zu geraten. Eine Fähre brachte uns über das Rote Meer von Aqaba nach Nuweiba auf der Sinai-Halbinsel, wo wir jenen Berg bestiegen, auf dem Moses die Zehn Gebote empfing.

Doch wir sind Wüstenfreaks, wollten so schnell wie möglich in die Stille der Lybischen Wüste im Westen Ägyptens.

Stattdessen der reine Horror - Kairo! Es gelang uns nicht, das Verkehrsmonster großräumig zu umgehen. Der Moloch sog uns wie ein Magnet an, fraß uns auf. Irgendwann steckten wir im Freistil-Verkehr fest. Regeln gibt`s im Kampf um jeden Quadratmeter Asphalt nicht. Die Nerven lagen bei mir blank. Bei Fragen nach dem rechten Weg gab`s zwar immer freundliche Antworten, zumeist aber auf arabisch. Nach etwa fünf  Stunden (und einer Schramme am rechten Kotflügel) waren wir durch. Es war jetzt dunkel.Viele Autofahrer fuhren ohne Licht oder nutzten ihre Lampen zur eigenen Erbauung als Lichtorgel! Wir standen unter Adrenalin.

Doch dann fanden wir einen Übernachtungsplatz in der Wüste. Am nächsten Morgen trauten wir unseren Augen nicht: Nebel in der Wüste!!

Die Weiterfahrt durch die Libysche Wüste war großartig; Oasen inmitten von Sanddünen, heiße Quellen in denen wir uns räkelten, und dann diese Stille, wie man sie nur in der Wüste findet.


Foto & Copyright: Dieter Kreutzkamp

Heiligabend erreichten wir Assuan. Nur von hier kann man in den Sudan einreisen, unser nächstes Ziel auf unserem Weg down south. Doch wieder mal sind alle Landverbindungen dicht. Es gibt nur die Möglichkeit, das Auto auf eine Fähre zu verladen, die wohl jeden Montag über den Lake Nasser nach Wadi Halfa im Sudan fährt. Allerdings – es gibt nur zwei Fährpontons die groß genug sind, dass auch unser Truck daraufgefahren werden könnte – der eine ist defekt und niemand weiß, wann er repariert sein  wird!! Und der andere? Schulterzucken…So sagte man uns, dass unser Fahrzeug wohl frühestens am 16. Januar 2012 auf die Fähre (wir rechnen mit mindestens 700 €) gefahren werden kann.

Inshallah!!! So Gott will!!

Das heißt: 3 Wochen warten, abhängen, Zeit totschlagen.

Irgendwann werden wir dann für teueres Geld auf dem Lake Nasser an Abu Simbel vorbeischippern, obwohl wir gestern auf der  Straße nur noch ca. 50 km hätten weiterfahren müssen, um im Sudan zu sein. Aber dank der >einfallsreichen< undurchsichtigen ägyptischen Amtsschimmel-Bürokratie (das manchmal bespöttelte deutsche Pendant ist dagegen ein lieber, zuverlässiger, harmlos-emotionsloser Kaltblüter) darf auf dem Landweg niemand einreisen. Das war schon (auch andersherum) vor gut 35 Jahren so, als wir erstmals von Äthiopien und Sudan kommend nach Ägypten wollten…

Damals wie heute lautet unser Motto: >Warten am Nil<. Noch liegt ein ganzer Kontinent vor uns!

 

Inshallah!!!

 

 

<  Karte: H. Berndzen, etriox OHG >